Bericht März 2022

Liebe Mitglieder, Paten, Freunde und Förderer,

nach fast zweijähriger Schließungszeit, nur von einer kurzen Öffnungsphase unterbrochen, sind die Schulen seit dem 10. Januar 2022 für alle Kinder in Uganda endlich wieder offen. Wir hatten Zweifel, ob die Kinder und Jugendlichen wieder in die Schulen und Ausbildungsstätten zurückkommen, ob es Eltern und Angehörige schaffen, das Schulgeld aufzubringen. An „unsere“ Grundschule in Bbaala und die weiterführende Schule für die Klassen 8 bis 11 in Kitamba sind fast alle Kinder zurückgekommen.

Unterm Strich haben wir inzwischen sogar mehr Schüler/innen als vor den Schließungen. In der Grundschule in Bbaala sind es aktuell 845, in der weiterführenden Schule in Kitamba 425. Neben den neuen Jahrgängen kamen auch Kinder, deren Schulen die Schließungszeit nicht überstanden haben und geschlossen bleiben. Bei den Auszubildenden ist die Situation oft noch schwieriger. Sie mussten helfen, ihre Familien zu unterstützen und Geld zu verdienen. Offensichtlich werden einige die Berufsausbildung leider nicht beenden. Nach und nach steigen aber auch die Teilnehmerzahlen in den Ausbildungsklassen beim Berufsbildungsinstitut in Kitamba inzwischen wieder an.

Inflation und Preissteigerungen
'Solarlabor' in Kitamba
Einweihung des ‚Solarlabors‘ in Kitamba durch die Mitarbeiterin der deutschen Botschaft Frau
B. Großkinski


Im letzten Bericht hatte ich die durch Corona befeuerte Inflation und Preissteigerungen angesprochen. Sie betreffen auch die Schulgebühren und das „Lehrgeld“. Wir haben die Beiträge bei neuen Patenschaften den aktuellen realen Kosten anpassen müssen. Die Erklärungen hinter den Beträgen beschreiben, was mit dem jeweiligen Betrag finanziert werden kann:
180 € / Jahr (0,50 € / Tag) Besuch einer Grundschule
360 € / Jahr (1,00 € / Tag) Grundschule mit Internat oder Weiterführende Schule ohne Internat
540 € / Jahr (1,50 € / Tag) Weiterführende Schule mit Internat oder Berufsausbildung.

Diese Entwicklung betrifft uns leider nicht allein. Der UNICEF-Fund schätzt, dass sich die Schulgebühren in Uganda durch den (mit einer kurzen Unterbrechung) zwei Jahre andauernden landesweiten Corona-Lockdown verdoppeln bis verdreifachen werden.
Zum Jahresbeginn 2022 trat in Uganda eine gesetzliche Änderung in der Lehramts-Ausbildungsordnung in Kraft. Das bisher geltende „Zertifikat III“ als Basis für Lehrkräfte der Grundschulen reicht inzwischen nicht mehr. Eine Weiterbildung der Lehrer*innen zum nächsthöheren Abschluss „Diploma“ ermöglicht den Lehrer*innen, auch künftig auf dem Arbeitsmarkt gleiche Chancen wie Berufseinsteiger*innen mit Hochschulstudium zu haben. Die entsprechenden Kurse finden in den Schulferien statt und dauern zwei Jahre. Die Kursgebühren betragen 961 €/Person inklusive Unterkunft. Wir werden versuchen, „unseren“ Lehrer*innen an der St. Francis Primary School in Bbaala diese Weiterbildungsmaßnahme zu ermöglichen.

Einrichtung eines Labors

Ein wichtiges Vorhaben für die nachhaltige Weiterentwicklung unseres Aufgabenbereichs in Uganda ist die Einrichtung eines Labors unmittelbar neben dem Lagerzentrum am Birinzi-See. Der Förderantrag an das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) für den Bau des Gebäudes ist gerade in Arbeit.

Der Hintergrund:
Es gibt in der Projektregion keine zentrale Wasserversorgung. Die Menschen holen das Wasser in Kanistern aus Bächen, offenen Wasserstellen oder Brunnen. Die Wasserqualität ist i.d.R. nicht bekannt. Bei offenen Gewässern sind Kontaminationen durch gesundheitsschädliche Keime höchst wahrscheinlich. Magen-Darmerkrankungen als häufige Folgen sind eine der Hauptursachen für hohe Kindersterblichkeit, krankheitsbedingte Fehlzeiten in Schulen und den Ausfall von Arbeitskraft in den Familien. Das Sammeln von Brennholz zum „Abkochen“ ist aufwändig und treibt die Entwaldung und den Klimawandel an.

Ein weiteres Problem bilden die mangelnden Lagerungsmöglichkeiten für Nahrungsmittel. Die FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) berichtet, dass rd. 25% der weltweiten Getreideernte durch Schimmelpilzgifte belastet sind. Das Pilzgift Aflatoxin ist krebserregend, hemmt die Entwicklung von Kindern, macht krank und führt oft zum Tod. Rund 500 Millionen Menschen nehmen mit ihrer täglichen Nahrung dieses Gift auf, ohne davon zu wissen. Das feucht-warme Klima und fehlende gute Lagermöglichkeiten begünstigen zudem die hohen Verluste von Lebensmitteln nach der Ernte durch Verschimmeln. Laut FAO verderben deshalb 25% bis 40% der Lebens-mittel in Entwicklungsländern.

Trocknungsfläche in Birinzi
eine der Trocknungsflächen am Lagerzentrum in Birinzi
Bananenstaude Neuzüchtung
Bananen-Neuzüchtung, resistent gegen die Erkrankung an Banana Xanthomonas Wilt


Daher streben wir mit dem Labor folgende Ziele an:
Das Labor untersucht Wasserproben, Lebensmittel, Pflanzen und Böden beim Verdacht auf Verunreinigungen, Belastungen und Krankheitserreger, sowie Blut und Gewebeproben aus Kliniken und anderen Gesundheitseinrichtungen. Es leistet damit einen nachhaltigen Beitrag zu gesunder Ernährung, sauberem Trinkwasser, unbelasteten Böden, intakter Umwelt und schnellen Diagnosen in der Humandiagnostik in der Projektregion. Eine sichere Lagerung und bessere Strukturen bei Transport und Vertrieb von gesunden landwirtschaftlichen Produkten mindert Nachernte-Lebensmittelverluste und stabilisiert so Einkommen von Kleinbauern.

Für uns in Europa ist es selbstverständlich, dass das Wasser aus der Leitung sauber ist, dass Lebensmittel keine gesundheitsgefährdenden Stoffe enthalten, Böden nicht vergiftet werden. Dazu gibt es hier umfassende Verordnungen, Gesundheits-, Veterinär- und Umweltbehörden und Fachlabore. Die WHO beklagt, dass es in Afrika südlich der Sahara nur wenige Untersuchungs- und Forschungslabore gibt. Daher wollen wir mit unserem Labor einen weiteren Beitrag zum Aufbau der Infrastruktur und zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen im Projektgebiet leisten.

Ausblick

Wir wissen noch nicht, inwieweit der Krieg in der Ukraine die Nahrungsmittelversorgung auch in Uganda beeinflussen wird. Vor allem bei Getreide sind viele Länder auf die Ernte aus der „Kornkammer Europas“ angewiesen. Die Krieg lässt nicht nur die Kosten für Öl, Benzin und Gas in die Höhe schnellen. Auch beim Getreide – vor allem beim Weizen – schießen die Preise nach oben. Fast ein Drittel der weltweiten Weizenexporte kommen aus der Ukraine und Russland. Während die ukrainischen Bauern ihre Ernte vom letzten Jahr nicht mehr exportieren können, weil die Häfen am Schwarzen Meer blockiert sind und nicht mehr angelaufen werden, hat Russland vor wenigen Tagen ein Exportverbot für Getreide bis Ende Juni dieses Jahres verfügt. Der Krieg in der Ukraine könnt weltweit Menschen in den Hunger treiben.
Die aktuellen Erfahrungen zeigen, wie wichtig es ist, die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, Wasser und Energie möglichst unabhängig von Dritten nachhaltig selbst zu sichern. Diese Aufgabe wird gerade in Entwicklungsländern durch das rasante Bevölkerungswachstum, Einflussnahmen und Abhängigkeit von „Geldgebern“ von außen und Klimawandel in Zukunft nicht leichter.

Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung auch im Namen von Emmanuel, Goretti, den Kindern, dem Mitarbeiterteam und den Menschen in der Projektregion.
Für das OCAOF-Team

Ihr Franz Lebfromm